Montag, 13. Februar 2017

Geschichten im Hotel - V. Nachtschicht 1

Eine Geschichte, die mir passierte, als ich in einem Hotel am Münchener Hauptbahnhof arbeitete. Für ein paar Wochen durfte ich in der Nachtschicht aushelfen. Da ist, schon allein wegen des Standortes des Hotels einiges geboten. Nicht immer war klar, wer Hotelgast war und wer nicht. Der Zwiespalt zwischen Hilfsbereitschaft einerseits und die Polizei rufen müssen, weil ein Passant die Toilette nicht mehr verließ andererseits war für mich junges Landei
schwer zu ertragen (das wäre heute vermutlich noch genau so). Aber es war auch sehr lehrreich, da ich damit die gesamten Abläufe am Frontoffice eines Hotels einmal kennen gelernt hatte. Natürlich gehört zur Nachtschicht am Bahnhof auch der ganz normale Zimmerverkauf - Gäste verpassen ihren letzten Zug, oder dieser fällt aus, und sind nun auf der Suche nach einer halbwegs komfortablem Unterkunft für die Nacht. In einer recht ruhigen Nacht kam nun ein Walk-in an die Rezeption und erkundigte sich nach Zimmern und Preisen derselben. Eigentlich einverstanden wollte der Gast das Zimmer gerne sehen, bevor er sich dafür entscheidet. Ich ging mit ihm zum Aufzug und bestieg diesen mit ihm - die Fahrt sollte in den 4. Stock gehen und ich wollte keine Zeit verlieren, um schnellstmöglich wieder an der nun unbesetzten Rezeption zu sein. Die Türen des Fahrstuhles schlossen sich hinter meinem Gast und mir - und nichts passierte. Nun wusste ich, was der Gast nicht wusste, nämlich, dass die Notglocke bei mir an der Rezeption klingeln würde - und dort war der Rezeptionist nicht, sondern hier im Fahrstuhl. Mir wurde also erst heiss, dann kalt, dann wieder heiss - was sollte ich nur tun? Auf jeden Fall würde ich nie, nie, nie wieder mit einem Gast in einen Aufzug steigen. Nun wissen Sie, dass ich die Geschichte zumindest überlebt habe, sonst könnte ich nicht davon berichten. Aber das Erlebnis war sehr eindrücklich und ich denke oft an die missliche Situation zurück.
Jedenfalls hatte ich Glück. Ich beschloss zu versuchen, die Türe mit Gewalt zu öffnen und fing an zu rütteln wie ein Berserker. Der Barkeeper, Herr Mond, war wie immer etwas langsamer beim schließen seiner Bar und hörte mich rumpeln. Er kam angesprungen und zusammen konnten wir die Fahrstuhltüre aufdrücken. Ich bat den potentiellen Gast mit einer galanten Handbewegung aus dem Fahrstuhl - dieser verlies in aller Seelenruhe den selben und stieg in unseren zweiten Aufzug. Meine Mitfahrt verweigerte ich höflich und rannte die Stufen in den 4. Stock hinauf, dankbar die Nacht nicht am Boden eines steckenden Aufzuges mit einem unbekannten Gast verbringen zu müssen.
Erzählen Sie mir Ihre Hotelgeschichte! 

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