Mittwoch, 22. Februar 2017

Geschichten im Hotel - VI. Entgleisungen 1

Ein erheblicher Teil der Geschichten im Hotel sind für nur klein und schnell erzählt, ohne viel Substanz - einfach nur eine kleine Unglaublichkeit von vielen. Von diesen kleinen Geschichten gibt es wirklich unzählige und ich muss lieder gestehen, dass man nicht alle behalten kann - also im Gedächtnis meine ich. Und wenn man sich denkt "was war denn da?", dann kommt schon die nächste Geschichte um die Ecke. Übrigens gibt es auch einen Teil Geschichten, die ich gar nicht erzählen kann, weil ich sonst rechtliche Konsequenzen zu befürchten hätte. Unter der Überschrift "Entgleisungen" passt aber zum Beispiel folgende Geschichte:

Auf unserer alten Zufahrt stand eine kleine Mauer und diese war begrenzt durch eine kleine Säule. In dieser Säule war eine Wetterstation und die Speisekarte integriert und auf der Säule eine Laterne. So schmiedeeisern und wuchtig und optisch sehr stabil. Der Deckel der Laterne war sicherlich 1,40 Meter über dem Boden. Nun wurde und wird unser Haus gerne für Hochzeiten genutzt. Die typische Allgäuer Hochzeit ist ein rauschendes Fest: es beginnt manchmal Mittags - aber vor allem nachmittags nimmt die Sache Fahrt auf. Da gibt es das sogenannte Brautverziehen, also das Stehlen der Braut. Diese wird in eine nahe (oder nicht so nahe) Lokalität entführt und dort wird gebechert, bis der suchende Bräutigam sie findet und auslösen kann. Jedenfalls gab es schon Hochzeiten, bei welchen die Braut nach diesem entzückenden Brauch nach Hause gebracht werden musste. Ich stelle mir dann immer vor, wie man die Braut später fragt: "und, wie war die Hochzeit?" und sie antworten muss: "keine Ahnung, ich kann mich nicht erinnern..."
Bei einer dieser Hochzeiten war auch die örtliche Blasmusik anwesend. Traditionell wird um Mitternacht das Brautpaar "rausgespielt". Das heisst, die noch blasfähigen Blechbläser, bzw. alle spielfähigen Musiker, spielen Lieder und eskortieren damit das Brautpaar aus dem Lokal, um es in die Hochzeitsnacht zu entlassen. Einer der Bläser, nämlich der mit der Tuba, wollte seinem Auftritt noch ein wenig extra Drama verleihen. Stellen Sie sich bitte den typischen Tubaspieler vor - also weder klein, noch schmächtig sind Adjektive, die einem da als erstes in den Sinn kommen. Sagen wir einfach, dieser Tubaspieler hielt jeglicher Erwartung an dieses Register stand.
Für das extra Drama stellte sich dieser Tubaspieler nun auf die vorhin beschriebene Laterne und blies in luftiger Höhe mit äusserster Inbrunst. Statisch gesehen ein schwieriges Unterfangen und die Physik führte dann auch zum Zusammenbruch - in welchem Tuba, Tubaspieler und Laterne die 1,40  Meter und entsprechend mehr im Fluge Richtung Boden überbrückten. Einzig Schaden genommen hat meines Wissens nach glücklicherweise nur die Laterne - diese dafür lebensbeendend. Mauer und Laterne gibt es heute nicht mehr, ihre Geschichte ist aber ein Teil der unseren geworden.

Viele, brave Gäste und stabile Mauern und Laternen wünscht
Armin Gross

Ach ja: bitte teilen, liken und mir Geschichten schreiben. Danke :-)

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